Bei allen modernen Behandlungserfolgen in der heutigen Medizin handelt es sich um ein Zusammenspiel von direkten biologischen und psychischen Effekten.
Es kommt also nicht nur darauf an, welche Medikamente zu welcher Zeit erhält, auch die Einstellung zur Behandlung spielen für die Wirkung eine entscheidende Rolle.
Selbst wenn Medikamente ohne Wirkstoff gegeben werden, kann es zu positiven wie negativen körperlichen oder psychischen Veränderungen kommen. Das gleiche gilt für Scheinbehandlungen wie z.B. Scheinoperationen oder Infusionen mit Kochsalzlösung.
Denn allein der Glaube an die Wirkung setzt im Körper komplexe psychoneurobiologische Vorgänge in Kraft. Evolutionär war es offenbar sinnvoll, sich vorab darauf einzustellen, wenn man davon ausgeht, dass eine Gefahr droht. Man nennt diese Effekte Placebo-Effekte.
Der Erwartungseffekt kann so z.B. die Übertragung von Schmerzempfindungen drosseln.
Der Glaube an die Wirksamkeit einer Therapie kann also Mechanismen in Kraft setzen, die den Erfolg verstärken. Das geschieht mit Hilfe von körpereigenen Opioiden, Botenstoffen oder über die Aktivierung bestimmter Hirnareale.
Hilfreich ist es dabei, wenn Betroffene die Wirksamkeit eines Mittels schon mehrfach erfahren haben. Dann funktioniert die Wiederholung des bekannten Reaktionsmusters einfacher und schneller.
Fehlt die Erfahrung mit dieser Art von Medikamenten z.B., kann es schwieriger sein, einen positiven Effekt zu erzielen. Bei chronischen Krankheiten, in deren Verlauf Patienten das Vertrauen in die Behandlung verloren haben, stößt der Placebo-Effekt ebenfalls an seine Grenzen – es sei denn, es kann neuer Optimismus geweckt werden.
Dabei kann allerdings auch das Gegenteil – ein Nocebo-Effekt – auftreten.
Zum einen können Patienten durch negative Erwartungen z.B. Nebenwirkungen entwickeln, die durch die Medikamentengaben biochemisch nicht zu erklären sind, die aber vielleicht im Beipackzettel stehen.
Zum anderen kann es passieren, dass positive Wirkungen ausbleiben, obwohl ein wirksames Medikament verabreicht wurde.
In beiden Fällen sind die Erwartungen – das Priming – entscheidend; eben weil bereits die Vorstellung im Gehirn eine entsprechende Aktivität erzeugt – fast so, als sei der ersehnte oder befürchtete Zustand schon da.