Fakten und Zahlen für das individuelle Maß an Bewegung

eine Zusammenstellung von Dr. med. Alfons Lindemann,
FA f Allgemeinmedizin, Psychotherapie, Bieber, Am Hain 2b,
in Anlehnung an den Artikel von Dr. med. Tim Hollstein, Deutsches Ärzteblatt, Jg. 116, Oktober 2019


Der Mensch ist aus seiner Entwicklungsgeschichte heraus genetisch auf Bewegung programmiert, 
was die zahlreichen positiven gesundheitlichen Effekte erklärt.

Bewegungsmangel spielt in der gleichen Liga wie die klassischen Risikofaktoren: Rauchen, Bluthochdruck und Diabetes.

Regelmäßige körperliche Bewegung eignet sich wunderbar zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Osteoporose, Übergewicht, (ernährungsbedingten) Typ-2-Diabetes, Krebserkrankungen, Stress und Burnout.

Der Überlebensvorteil für Aktive:
Eine zunehmende körperliche Aktivitätsdauer pro Tag ist mit einer Abnahme derGesamtsterblichkeit assoziiert – bis zu einem Maximum von 100 Minuten, darüber hinaus besteht offenbar kein zusätzlicher Nutzen.

Natürlich haben wir zwar alle ein Sterberisiko von 100 %, 
doch bei „Extrem-Sitzern“ (mehr als 8 Stunden am Tag) ist das Risiko 
früher zu sterben als der Durchschnitt ihrer Alterskohorte um 80 % erhöht.

Welche „Dosierung“ ist erforderlich, um langfristig schweren Erkrankungen vorzubeugen? 
Dazu gibt es klare Empfehlungen:

1.) Effekte auf das Herz-Kreislauf-System

All diese Erkrankungen bezeichnen Durchblutungs-störungen durch Verschluss oder Aufplatzen von Arterien in unterschiedlichen Körperregionen bzw. -organen

Bild: Univ.-Prof. Dr. Günter Steurer,
AKH der Stadt Wien – Universitätskliniken

Schon 5-10 Minuten langsames Joggen am Tag 
reduziert das Risiko,
an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung sterben um fast 1/3. 

Optimal für die Herzgesundheit sind
rund 3,5 – 5 Stunden moderater Sport pro Woche.

Stehen, statt Sitzen, verbessert das kardiovaskuläre Risiko nicht.

Die Superaktiven, die rund 50 Minuten am Tag intensiven Sport machen, 
können ihr vorzeitiges Sterberisiko sogar um fast die Hälfte reduzieren.

Quelle: Welt, Lea Sibbel, 17.06.2015

Regelmäßige Bewegung senkt den Blutdruck um bis zu 11/6 mmHg. 
Insbesondere Menschen mit hohem Blutdruck profitieren von der körperlichen Aktivität.

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Blutdruckmessgerät
Bild: Wickipedia

Arterielle Hypertonie, verkürzt Hypertonus oder Bluthochdruck genannt, ist ein Krankheitsbild, bei dem der Blutdruck in den Arterien chronisch erhöht ist.
Wenn die vom Herzen kommende Blutdruckwelle durch die Gefäße strömt, misst man den systolischen Blutdruckwert (oberer Wert). Der soll, nach Definition der WHO, die Quecksilbersäule im Blutdruckmessgerät nicht höher als 140 mmHg hoch treiben.
Der diastolische (untere) Wert zeigt an, wie hoch der Druck im Gefäß ist, wenn die Welle vorbei ist und das Blutgefäß entspannt ist. Hier sollte der Wert nicht mehr als 90 mmHg sein.
Vorübergehende Blutdruckerhöhungen durch Erkrankung, Medikament, Schwangerschaft oder eben bei körperlicher Anstrengung sind normal und als „Gefäßjogging“ durchaus gesund.


Blutfette beeinflussen das Arterioskleroserisiko („Gefäßverkalkung“): 

  • Durch Sport sinken die Triglycerid-Werte um bis zu 38 mg/dl, 
  • das LDL-Cholesterin wird um ca. 20 % vermindert; 
  • „das gute“ HDL-Cholesterin steigt im Blut um bis zu 15 mg/dl.
Bild: Hannoversche Allgemeine Zeitung, 03.01.2019

Weitere hilfreiche Hinweise zum Thema finden Sie z.B. auf folgenden Seiten: http://www.gesundheit.ch/cholesterin/ und
https://www.kochwiki.org/wiki/Gesundheit:Die_10_Regeln_der_DGE


Bewegung fördert die Ausschüttung von gefäßerweiternden Botenstoffen und regt die Blutgefäß-Neubildung an. Damit wird eine bessere Durchblutung und damit die Sauerstoffversorgung der Muskulatur erreicht, so dass man weniger „Muskelkater“ bekommt. Denn ein Muskelkater entsteht bei Verbrennungsprozessen ohne Sauerstoff, wobei Milchsäure entsteht, was die Muskeln sauer werden lässt.

Aktives Muskelgewebe schüttet auch sogenannte Myokine aus, die chronische Entzündungen eindämmen und der Plaqueentstehung („Gefäßverkalkung“, Arteriosklerose) entgegenwirken
Sind bereits Plaques vorhanden, kann regelmäßiger Sport ihre Festigkeit erhöhen und ein Zerreißen der Gefäße (Einblutungen z.B. beim Schlaganfall) vermeiden.


Weiterhin hilft die Bewegung bei Herzrhythmusstörungen, indem die Regulation des Herzschlages verbessert und die Störanfälligkeit verringert wird. 

2.) Effekte auf das Gehirn

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Bild: menschliches Gehirn im Querschnitt
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Bild: Nerven-Leitungsbahnen im Gehirn

Schon 10 Minuten einfaches Spazieren gehen reichen aus, um unsere Nervenzellen besser zu vernetzen und die Gedächtnisleistung zu erhöhen.
Besonders effektiv ist Tanzen.

Lern- und Merkfähigkeit werden verbessert.
Dadurch lässt sich der Entwicklung einer Demenz entgegenwirken.

Menschen mit einem hohen Fitnesslevel haben
ein bis zu 88 % geringeres Demenzrisiko.

Sport erhöht auch die Konzentration von Gehirn-Botenstoffen – Dopamin, Serotonin und Noradrenalin – im Blut.
Über die Aktivierung unseres Belohnungssystems wird die Stimmung verbessert und Stressgefühle vermindert.
Körperliche Aktivität taugt so auch als äußerst effektives Mittel gegen Depression.

30 Minuten Joggen pro Woche zeitigt ähnliche Effekte
wie ein Antidepressivum.


3.) Effekte auf das Erbgut

Regelmäßiger Ausdauersport (3 x 45 Minuten pro Woche) erhöht die Aktivität von bestimmten Stoffen im Körper, die chemische Reaktion beschleunigen können und damit die Schutzkappen (Telomere) der Chromosomen schützen, so dass sich die Körperzellen dadurch länger erhalten / „verjüngen“.

Bild: Telomere, die Enden an unseren Chromosomen im Erbgut regulieren unsere Lebenszeit.

4.) Effekte im Immunsystem

Bild: Zellen unseres Immunsystems, das als körperfremd erkanntes Material in uns bekämpft

Sport hat positive Effekte auf unsere körperlichen Abwehrkräfte. Immunisiert sind wir weniger anfällig für

  • Infektionen, 
  • chronische Entzündungen 
  • Autoimmunkrankheiten, bei denen der Körper sich selbst angreift, 
    weil er bestimmte chemische Oberflächenstrukturen als körperfremd und feindlich „ansieht“.
  • Krebszellen werden durch die Aktivierung des Immunsystems besser bekämpft.

Wer körperlich sehr aktiv ist (rund 3 x 1 Stunde pro Woche) kann sein Risiko für die Entwicklung von 13 Krebsarten um bis zu 42 % verringern: z.B._

  • Darmkrebs – 16 % 
  • Lungenkrebs – 26 %
  • Brustkrebs – 10 %

Selbst wenn die Krebsdiagnose schon gestellt wurde, profitieren die Erkrankten von körperlicher Aktivität, sogar wenn die Patienten erst dann mit dem Sport begannen:

  • Bei Brust- oder Darmkrebs war die
    Sterbewahrscheinlichkeit damit um ca. 28 % geringer.
  • Mehr als 3 Stunden intensiver Sport pro Woche reduzierte das Sterberisiko nach einer Prostatakrebs-Diagnose um 61 %.

ALLERDINGS ist bei Sport im Freien -ohne ausreichenden Sonnenschutz- das Erkrankungsrisiko an einem Melanom (Hautkrebs) um 30 % erhöht.


5.) Effekte auf Zuckerhaushalt und Gewicht

Muskeln sind wahre „Zuckerfresser“. 
Daher eignet sich Sport zum Abnehmen
wobei eine eindeutige Dosis-Wirkungs-Beziehung besteht.

Bild: Allgemeinarzt-online, Übergewicht und Adipositas, Prof. Dr. med. Werner Richter, 06.03.2017
Um wieviel mehr muss das Herz bei unterschiedlichem Körperbau arbeiten!

Durch Sport und Muskelaufbau erhöht das zusätzliche Muskelgewebe die Speicherkapazität für Glukose (eine schnell verfügbarer Energiequelle).
Körperliche Aktivität aktiviert auch einen insulin-unabhängigen Mechanismus, mit dem die Körperzellen Glukose (Zucker) besser aus dem Blut aufnehmen können – was normalerweise das Hormon Insulin aus der Bauchspeicheldrüse bewirkt. 
Die positiven Effekte sind mitunter schon nach einer Woche Sport im Blut sichtbar.
ALLERDINGS verblassen diese Effekte genauso schnell. 

Daher sollten die Trainingspausen nicht länger als 2 Tage andauern.

Schon 2,5 Stunden aktives Spazierengehen pro Woche verringert
bei Gesunden das Diabetesrisiko um 30 %.

Bei Menschen die schon an Typ 2 („Alters-“ bzw. adipositas-bedingtem) Diabetes erkrankt waren, sank dadurch der HbA1c-Wert.
Dieser Wert lässt Rückschluss auf die Blutzuckerkonzentrationen von Diabetikern zu.
Das ist wichtig, da eine hohe Zuckerkonzentration im Blut die Gefäße schädigt:
u.a. mit diesen Auswirkungen: 

Bild: dieabetesbedingte Symptomsbilder

6.) Sport hilft Stürze im Alter vermeiden

für ältere Menschen ist ein funktionelles Aufbautraining der großen Muskelgruppen wichtig,
um den beschleunigten Muskelabbau entgegenzuwirken und gute Durchblutung zu erhalten.

Bild: Sturz – Gleichgewichtsstörung, Unsicherheit, Muskelschwäche

Dafür sind hohe Gewichte
und wenig Wiederholungen besonders geeignet. 
Gymnastik und Tanzen fördern
Beweglichkeit, Koordination und Muskulatur.

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