Nach Prostatakrebs fahnden

Die Prostata oder Vorsteherdrüse ist bei allen männlichen Säugetieren zum einen eine Geschlechtsdrüse zur Herstellung eines Teils der Spermaflüssigkeit und zum anderen ein Muskelkomplex zur Umschaltung zwischen Blasenentleerung und Ejakulation (Samenerguss). Sie liegt beim Menschen unterhalb der Harnblase und umkleidet den Anfangsteil der Harnröhre. Sie gleicht beim Mann in Größe und Form einer Kastanie.
An die Rückseite der Prostata grenzt der Darm. Deshalb kann sie vom Enddarm aus mit den Fingern ertastet und beurteilt sowie in sexuellem Kontext auf diesem Weg durch Prostatamassage stimuliert werden.

Bild: Wikipedia
Quelle: Deutsche Krebsgesellschaft

Das Prostatakarzinom ist in Deutschland und vielen anderen Ländern die häufigste Krebserkrankung bei Männern,
an der hierzulande jährlich etwa 15.000 Männer sterben. Früh entdeckt ließe sich der Tumor gut kurativ behandeln.

Die ebenfalls im höheren Lebensalter häufig zu findende benigne Prostatahyperplasie (BPH) ist eine gutartige Vergrößerung der Prostata, die oft zu einer Harnabflussstörung bis hin zu einem lebensbedrohlichen Blasenverschluss mit Harnverhalt führen kann. 
Während die BPH in der Regel die zentrale Organzone betrifft, geht das Prostatakarzinom meist von den äußeren Drüsenanteilen aus. Das begünstigt die Chance des Ertastens, andererseits muss der Tumor, um ihn zu ertasten zu können, bereits eine gewisse Größe erreicht haben, so dass nicht von Früherkennung gesprochen werden kann.

Leider wird in Deutschland – wie bereits seit 1971 – auch im Jahr 2023 noch immer nur die Vorsorgeuntersuchung mit dem Finger („Kleine Hafenrundfahrt“), wie oben im Bild zu sehen, für Männer ab dem 45. Lebensjahr von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Ein Screening (Testverfahren) auf Basis des Tumormarkers „Prostata-spezifisches Antigen“ (PSA) wird bislang nicht finanziert. Darüber hinausgehende Untersuchungen zur Eingrenzung des individuellen Risikos sind ebenfalls noch kein Bestandteil der Prostata-Früherkennungsmaßnahmen. Außerdem wird
diese Untersuchung nicht mehr regelmäßig bei der körperlichen Untersuchung durch den Hausarzt durchgeführt.

Dennoch lassen Männer aus Angst von Krebs, auf Eigeninitiative und auf eigene Kosten, sogenannte „wilde“ , also unsystematisch durchgeführte, Screenings durchführen, da in Deutschland eine wissenschaftlich anerkannte Früherkennungsstrategie für dieses Feld fehlt. Der Nutzen eines („wilden“) PSA-Screenings für Männer ohne Verdacht auf Prostatakrebs wird durch den Schaden, der über so ins Leben gerufene „Verdachtsfälle“ mit nachfolgenden Untersuchungen, aufgehoben.
Besonders bei älteren Männern ab etwa 70 Jahren führt ein solches opportunistisches Verhalten zu unnötiger Diagnostik und sogar zu unnötiger Therapie, da die PSA-Wert-Erhöhung bei älteren Männern häufig durch die gutartige Vergrößerung ausgelöst ist.
Bei Männern ab der 45 Lebensjahr weist der erhöhte PSA-Wert jedoch oft zielgenau auf einen bösartigen Tumor hin.
Daher würde ein systematisch durchgeführtes PSA-Screening die Sterblichkeit durch Prostatakrebs um 20 % senken. Zudem würden mit tauglichen Untersuchungsmethoden wie der muliparametrischen Magnetresonanztomographie (mpMRT) verdächtige Prostataherde besser aufgespürt. Eine auf der Bilddokumentation von Ultraschall und MRT kann darüber hinaus die Diagnostik mit Biopsie gegenüber der herkömmlichen verdachtsweisen Entnahme von Gewebe deutlich verbessern.

Wünschenswert wäre ein Basis-PSA-Wert durch ein organisiertes risikoadaptiertes Screening ab dem 45. – 50. Lebensjahr. Selbst bei einem Screeing-Beginn ab dem 55. Lebensjahr lässt die Sterblichkeitsrate um die Hälfte reduzieren (siehe Grafik). geringes Risiko: <1,5 ng/ml – Kontrolle in 5 Jahren, mittleres Risiko: 1,5-2,99 ng/ml Wiederholung der PSA-Bestimmung in 2 Jahren, hohes Risiko: ab 3 ng/ml, dann mpMRT + Biopsie.

Mortalität = Sterblichkeit, Grafik: Dt. Ärzteblatt

Auch gesundheitsökonomische Berechnungen belegen, dass die (zu) späte Diagnose lokal fortgeschrittener Tumore das Gesundheitssystem mehr belasten. Die Gesamtkosten einer Prostatakrebstherapie belaufen sich in einem Zeitraum von 18 Jahren (da dies in der Regel ein langsam wachsender Tumor ist) auf ca. 300.000,- €, wovon 80 % auf die letzten 4 Lebensjahre fallen, wenn Metastasen auftreten.

Gut zu wissen: Nach ersten Befunden zeigten die Befunde einer deutschen Multicenterstudie mit 46.495 Männern im Alter von 45-50 Jahren im Zeitraum von 2014-2019 89,2 % ein geringes Risiko. Für 9,2 % wurde ein mittleres und für nur 1,5 % ein hohes Risiko festgestellt. Die Wahrscheinlichkeit einer Prostatakrebeserkrankung mit 45 Jahren liegt damit bei 0,2 %. Wichtig auch: Eine positive Familienanamnese – also Prostatakrebs von Verwandten 1. Grades – gehören zu den gesicherten Risikofaktoren. Für diese Personengruppe wird ein frühes Screening empfolen.

Quellen: Krebs bei Männern; Wikipedia, Deutsches Ärzteblatt, Jg. 120, Heft 12, 23. 3. 2023, S.520-528

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