Oben sehen Sie die chemische Strukturformel von Estron, dem natürlichen Estrogen = Östrogen.
Bei Frauen ist Östrogen für die Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale – Brüste, Schamhaare und breiter werden der Hüften – verantwortlich. Außerdem reguliert Östrogen den Menstruationszyklus und ist wichtig für die Fruchtbarkeit. Ergo spielt es in der „Pille“ als Schwangerschafts-Verhütungsmittel eine Rolle.
Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die positiven Einflüsse des Hormons auf die Frauengesundheit bereits länger bekannt und gut belegt. Daher lag der Fokus der Vorsorgeuntersuchungen bislang auf dem Herzen, weniger auf dem Gehirn. Nun zeigten Studien, dass dieses Hormon in der Postmenopause, der letzten Phase der Wechseljahre, einen unabhängigen Risikofaktor für einen Schlaganfall darstellt. Dabei ist vorwiegend die Abnahme der eigenen Östrogenproduktion verantwortlich.
Für die reproduktive (befruchtungsfähige) Lebensspanne rechnet man Alter bei der Menopause (letzte Monatsblutung) minus Alter bei der Menarche (erste Monatsblutung).
Frauen die im Verlauf ihres gesamten Lebens länger Östrogen im Blut zirkulieren hatten, zeigen ein geringeres Schlaganfallrisiko, als Frauen, die dem Geschlechtshormon über einen kürzeren Zeitraum (weniger als 31 Jahr) ausgesetzt waren. Letztere hatten ein 70 % höheres Risiko für nicht tödliche Herz-Kreislauf-Ereignisse. Beim Schlaganfallrisiko, sowohl durch Gefäßverschluss als auch durch Blutung) zeigte die erstere Gruppe von Frauen ein 5 % bis 15 % niedrigeres Risiko.
Eine höhere Östrogeneinwirkung kommt zustande durch die längere reproduktive Lebensspanne, wobei die Zahl der Geburten, die Einnahme von oralen Kontrazeptiva („Pille„) mit höheren Östrogenspiegeln assoziiert (verbunden) ist, die Stilldauer hingegen mit niedrigeren. Das ist heutzutage interessant, da Frauen oft später Kinder bekommen; denn dadurch steigt die Zahl der reproduktiven Jahre, was sich günstig auf die eigene Gesundheit auswirkt.
Frauen mit kürzerer reproduktiver Lebensspanne, z.B. wegen Totaloperation oder früher Menopause, sollten sich ihres höheren Risikos bewusst sein und verstärkt etwas zur Vorbeugung tun, etwa durch Sport und Kontrolle von Blutdruck und Gewicht.
Ob eine Verlängerung der Östrogengabe durch Hormonersatztherapie in den Wechseljahren einen günstigen Einfluss auf das Schlaganfallrisiko hat, ist bis dato nicht eindeutig geklärt.
Allerdings ist der Start einer Hormonersatztherapie innerhalb von 5 Jahren nach der Menopause, Zeitpunkt der letzten Menstruation, mit einem geringeren Risiko für Schlaganfälle assoziiert (vergesellschaftet).
Für einen späteren Therapiestart gilt dies hingegen nicht! Denn offenbar erhöht sich dadurch sogar das Risiko für Schlaganfälle, wenn mehr als 5 Jahre nach der Menopause mit der Hormonersatztherapie begonnen wird.
Ein erhöhtes Risiko zeigt sich auch bei oraler Hormonersatztherapie, jedoch nicht bei transdermaler Anwendung (auf die Haut aufgetragene Hormongaben); bei vaginaler Östrogenanwendung war das Schlaganfallrisiko sogar verringert.
Neben der gefäßschützenden Wirkung der Hormonersatztherapie sind auch Knochengesundheit (Osteoporose) und die Vorbeugung von Diabetes auf die Positivliste einer frühen Östrogengabe nach der Menopause zu setzen.
Quellen: Deutsches Ärzteblatt, Jg. 120, Heft 25, 23. Juni 2023, Se. A1122-1123
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