Warum Schwangere Heißhunger haben

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Schwangere haben immer mal wieder von unwiderstehlichem Appetit auf Süßes oder Saures, dass Forscher mit dem Substanz­verlangen oder „Craving“ von Drogenabhängigen vergleichen. Das könnte während der Schwan­ger­schaft neuronale Ursachen haben.
Bei Mäusen, wo es ähnliche Phänomene gibt, kommt es laut einer Studie in Nature Metabolism (2022; DOI: 10.1038/s42255-022-00557-1) während der Schwangerschaft zu einem Umbau neuronaler Schaltkreise im Nucleus accumbens, dem Glücks- und Suchtzentrum im Gehirn.

Die Forscher haben die Gehirne von trächtigen Mäusen untersucht, bei denen es ebenfalls zu einer un­gezügelten Nahrungsaufnahme kommt. Sie fanden Veränderungen im mesolimbischen System, auch Belohnungssystem genannt, das für das „Craving“ bei Drogenabhängigen verantwortlich ist. Der zentrale Neurotransmitter ist Dopamin und die entsprechenden Nerven ziehen zum Nucleus accumbens, der bestimmte Verhaltensweisen durch Glücksgefühle belohnt.

Bei den Mäusen kommt es während der Tragzeit zu einer vermehrten Bildung von Dopamin D2-Rezep­toren, was eine Signalverstärkung zur Folge hat. Die Mäuse reagieren dann intensiver auf Nahrungsan­gebote. Appetit und Nahrungszufuhr steigen.

Dies mag in der Schwangerschaft den Zweck haben, die Versorgung des werdenden Kindes sicherzu­stellen.
Im Fall eines unbegrenzten Angebots, so wie wir das in der westlichen Welt der Menschen heutzutage ebenfalls vorfinden, verleitet es auch Mäuse zu einer ungezügelten Nah­rungsaufnahme. Dies hat nicht nur Folgen für die trächtigen Mäuse, die stark an Gewicht zulegen und nach der Tragzeit ihr ursprüngliches Gewicht nicht wieder erreichen. – Vergleichbares sehen wir bei Übergewichtigen, wenn Nahrungszufuhr und Energieverbrauch durch Bewegung bzw. Arbeit aus dem Gleichgewicht sind und der Überschuss in Fett gespeichert, statt verbraucht wird.

Die unangemessene Kalorienzufuhr schadet auch dem Nachwuchs. Vor allem bei den männlichen Nach­kommen kommt es zu einer gestörten Glukosetoleranz, einem erhöhten Körpergewicht und zu einer erhöhten Anfälligkeit für die Entwicklung von Essstörungen und angstähnlichem Verhalten im Erwach­senenalter, warnen die Forscher. 

Quelle: Ärzteblatt.de, Mittwoch, 6. April 2022

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