Bedingungen einer guten Partnerschaft

Beziehungsleben
Beziehungsleben braucht Ruhe und Miteinander,
Foto: Lindemann

Michael Lucas Möller arbeitete in meiner Studentenzeit in Gießen, später in Frankfurt. Sowohl mit dem Selbsthilfegruppenkonzept wie mit seine Paartherapeutischen Untersuchungen fand ich ihn inspirierend.
In seinem Buch: „Die Wahrheit beginnt zu zweit. – Das Paar im Gespräch.“ Rowohlt, 1990, 2002 fasst er
– aufgrund von seinen Paarbefragungen – fünf Bedingungen für das Gelingen einer guten Partnerschaft zusammen:

1. „Ich bin nicht du und weiß dich nicht.“

Wir können lernen, von der wechselseitigen Unkenntnis auszugehen,
statt von der gleichen Wellenlänge.

Zu Beginn einer Beziehung (und hoffentlich anhaltend) sind wir neugierig, mehr von Gegenüber zu erfahren, denn da ist noch bewusst, dass die/der Andere ein Fremder, ein neu zu entdeckender Kontinent ist. Die wechselseitige Unkenntnis ist also bewusst.
Im Verlauf der Beziehung verblasst dieses Wissen, wird die Neugier durch Vertrautheit ersetzt … und es kommt immer wieder zu fatalen Verwechslungen von Ich, Du und Wir.

Immer wieder erlebe ich es in meiner Praxis, dass Menschen wie selbstverständlich von der Existenz eines „Nürnberger Trichters“ ausgehen;
d.h. sie meinen bewirken zu können, dass ein anderer tut, was sie sagen oder dass sie davon ausgehen, dass ihr Gegenüber (sei es Partner/Partnerin oder Kind) das gleiche erleben, wissen oder wollen, was sie selbst wollen oder meinen.
Derlei unbewusste Gleichsetzung führt dann im Alltag regelmäßig zu Frustrationen und ihren Auswirkungen – in Form von stärkerem Bemühen oder im Ausdruck von Ärger.

Doch alle Menschen sind autonome Wesen, sie spielen nur mit, wenn sie das wollen – oder,
im schlechteren Fall -, wenn (und dann nur so lange) mit massivem Druck, Gewalt oder drohendem Liebesverlust einen Zwang ausgeübt wird.
Tatsächlich wirken manche Einladungen so „zwingend“ oder „verführerisch“, dass es sich so anfühlt, als ob man keine Wahl hätte. Aber das ist bei genauerem Hinsehen letztlich nicht der Fall.
Selbst in Situationen, in denen man sich von bestimmten Mustern und Prozessverläufen versklavt erlebt, bietet der Wechsel auf eine andere Ebene, ein Anschauen des Prozesses statt des sich in Inhalten und Gefühlen Verhedderns einen echten Ausweg – weg von der zwangsläufigen Eskalation und Kränkung, über einem Perspektivwechsel und die Einbeziehung von mehr Kontext-(Hintergrund-)informationen, hin zu einem Verstehen und Gemeinsamen.

Es ist also zwingend notwendig, sich über diese Aspekte Gedanken zu machen,
um keine falschen Erwartungen zu hegen.

2. „Wir sind zwei Geschichten einer Beziehung und sehen es nicht.“

Wir können lernen, unser gemeinsames unbewusstes Zusammenspiel wahrzunehmen,
statt uns als zwei unabhängige Individuen aufzufassen.

Vordergründig suchen wir uns eine Partnerin / einen Partner, weil er / sie uns besonders gut gefällt, untergründig jedoch, da wir ahnen und hoffen, mit genau diesem Gegenüber bestimmte Sehnsüchte / Themen / Verletzungen bearbeiten und heilen zu können.
Diese Perspektive des Zusammenspiels, des auch unbewussten Miteinanders (auch im scheinbaren Gegeneinander) kann sehr helfen, bestimmte Verhaltensmuster besser zu begreifen.

Auch wenn wir in der gleichen Situation sind, so ist doch die Aufmerksamkeit eines Jeden auf das jeweils bedeutsam erscheinende gerichtet. Wir betonen dabei diesen oder jenen Aspekt mehr oder eben weniger. Und letztlich sehen und erleben wir jeder unsere eigene Geschichte,
Wenn wir die Inhalte unserer Geschichten zusammentragen, wird das Gesamtbild der Situation vollständiger.

Verbreitet ist jedoch die Form des Streitens darüber, wer die richtige Auffassung vertritt.
Wenn es zu schaffen wäre, das Gegenüber von je meiner Überzeugung zu überzeugen, dann hätten wir kein Problem.
Schöne Idee, aber der Preis – schaut man genau hin – wäre die (inhaltliche) Vernichtung des Gegenübers und damit das Ende der Beziehung (zumindest in dieser Hinsicht). Man wäre mit seiner Meinung allein. Man hätte gewonnen und doch verloren.

Auch hier erscheint es zwingend notwendig, sich über diese Aspekte Gedanken zu machen.
Tragfähige Lösungen gibt es nur im Miteinander.

3. „Dass wir miteinander reden, macht uns zu Menschen.“

Wir können lernen, regelmäßige wesentliche Gespräche* als Herz und Kreislauf einer lebendigen Beziehung zu begreifen, statt mit Worten unsere Beziehung nur noch zu verwalten.

* wesentliche Gespräche meint: über sich selbst sprechen, über das was mich im Augenblick bewegt.

Wer sich auf das Wesentliche konzentrieren will, muss die besten Bedingungen seiner bedeutenden Beziehungen
– die zu sich selbst und die zu den mir nahestehenden Menschen – erkunden und entwickeln.

Als Regeln für Paargespräche sind folgende empfohlen.

4. „In Bildern statt in Begriffen sprechen.

Wir können lernen, in konkreten, erlebten Beispielen zu reden,
statt in abstrakten Begriffen zu sagen, was wir meinen.

Je konkreter wir sprechen, desto eher besteht die Chance, Missverständnisse zu vermeiden.
Zudem sind in unserem Gehirn Bilder eher mit Emotionen verbunden, als abstrakte Begriffe.
Emotional besetztes berührt uns mehr und ist eindrücklicher, als nüchtern rationales.
Die mehr emotionale auf die Beziehungsebene bezogene Sprache wird häufiger von Frauen benutzt, während Männer überwiegend auf der sachlichen Ebene kommunizieren. Auch das führt häufig zu Missverständnissen, so dass immer wieder im Gespräch darauf geachtet werden sollte,

F. Schulz von Thun unterscheidet folgende Ebenen einer Nachricht:

Vier-Ohren-Modell, Schulz-van-Thun

Bei Missverständnissen allgemein ist es sinnvoll
über die zugehörigen Kontexte / Hintergründe / Ebenen zu reden.

5. „Ich bin für meine Gefühle selbst verantwortlich.“

Wir können lernen, auch unsere Gefühle als unbewusste Handlungen
mit geheimer Absicht zu verstehen,
statt zu meinen, sie überkämen uns wie Angst oder Depression von innen
oder würden uns von außen zugefügt wie Kränkungen oder Schuldgefühl.

Andere oder Umstände für das eignen Befinden für verantwortlich zu erklären, ist ein Akt der Selbstentmächtigung: man gibt Verantwortung und damit die eigene Handlungskompetenz nach außen – oft um sie dann in langen Kämpfen scheinbar zurück zu erobern.
Jedoch kann kein anderer einem etwas geben, was er nicht hat.

Ich bleibe immer ein autonomes Wesen,
das seine innere Wirklichkeit, die dann in einer gegebenen Realität wirksam wird, selbst erzeugt.


Ergänzung

John Gottman hat, aufgrund seiner langjährigen Beobachtungen und Forschungen, neben der Beschreibung katastrophaler Kommunikation, auch Grundregeln für eine glückliche Beziehung herausgearbeitet:
er betont, dass Freundschaft das Herz und die Grundlage einer jeden langfristigen guten Beziehung ist.

Darüber hinaus schlägt er für den Dialog für Paare folgendes vor:

  1. Bringen Sie Ihre Partner-Landkarte auf den neuesten Stand
  2. Pflegen Sie Zuneigung und Bewunderung füreinander
  3. Wenden Sie sich einander zu und nicht voneinander ab
  4. Lassen Sie sich von Ihrem Partner beeinflussen
  5. Lösen Sie Ihre lösbaren Probleme
  6. Überwinden Sie Pattsituationen
  7. Schaffen Sie einen gemeinsamen Sinn

Quelle: John Gottmann, Die 7 Geheimnisse der glücklichen Ehe, 2002, TB, Ullstein-Verlag

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