Stressreduktion

Unser Arbeitsalltag ist geprägt von Arbeitsfülle, Verantwortung und Zeitdruck; bei manchem sogar durch schlechte Planbarkeit der Termine. Da, aber auch im privaten Miteinander, ist eine hohe Flexibilität gefragt.
All das führt dazu, dass der Stress bei vielen Menschen extrem hoch ist.

Im Wesen der Stressreaktion liegt es, dass die Fähigkeit, in sich selbst hinein zu fühlen und seine eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen, deutlich nachlässt.
Dieser zeitweilige Verlust der Selbstwahrnehmung ist aus Sicht der Evolution höchst sinnvoll. Wenn man ein Tier verfolgt oder von einem wilden Tier gejagt wird, ist es sinnvoll, Gedanken rund um die Selbstfürsorge wie „Jetzt eine Pause machen, das wäre toll“ nicht aufkommen zu lassen oder gleich zu verdrängen.
Geschieht das aber dauerhaft, so wie wir es bei unserer alltäglichen Reizüberflutung beobachten, geraten Selbstwahrnehmung und Selbstfürsorge schnell völlig aus dem Blick.

Verstärkt wird dieses Phänomen, das der Körper in Zeiten von Stress den „Flucht-Kampf-Schockstarre-Modus“ aktiviert.
In diesem Zustand werden Hormone wie Cortisol und Adrenalin ausgeschüttet, die kurzfristig die Energie und den Fokus erhöhen sollen, um mit einer als Bedrohung interpretierten Situation umzugehen und eine Lösung zu finden.
Sind stressende Umstände jedoch chronisch und Lösungen nicht in der persönlichen Einflusssphäre, kann es zu impulsiven Übersprungsreaktionen und verringerter Selbstkontrolle kommen. Übermäßiges Essen, Alkohol-, Tabak-, Drogen-/Tabletten- oder Medienkonsum als Ersatzhandlungen sollen beruhigen und ablenken.
Unser Gehirn ist darauf programmiert, positive Reize zu suchen und sich in stressigen Situationen zu belohnen.
Ungesunde Gewohnheiten wie Fernsehen, Junkfood oder Alkohol z.B. können vorübergehend solch ein angenehmes Gefühl vermitteln und als vermeintliche Bewältigungsstrategie dienen. Letztlich aber führen diese Maßnahmen zu keiner Lösung, sondern zur Vervielfältigung und Erhaltung problematischer Umstände.
Das Belohnungssystem aber verstärkt die – von außen betrachtet – problematischen Verhaltensweisen, was zu einem sich selbst verstärkenden Teufelskreis führen kann. Es kann dann von einer „paradoxen Stressreaktion“ gesprochen werden, wobei je größer der Stresslevel, desto weniger gut fühlt man die eigenen Ressourcen auf gesunde Art wieder auf. In der Folge führt das zu dauerhafter Erschöpfung und Erkrankungen wie Burn-out und Depression.

Um die Akkus wieder aufzufüllen, gelten zwei Strategien als erfolgreich: regelmäßige Pausenzeiten, in denen man sich kurz entspannen und besinnen kann, und ein strukturiertes Auffüllen der eigenen Ressourcen außerhalb der Arbeitszeit. Dabei gilt es zu fragen: „Was tut mir gut?“ „Welche Aktivitäten geben mir Kraft?“ „Was erfreut mich oder macht mir Spaß?“ Schon bei der Klärung dieser Fragen können Gespräche mit einem Vertrauten wichtige Hinweise geben und ein Auftakt zu mehr sein. Oft sind es die Wertschätzung und Zuwendung eines Partners, Sport, ein Tapeten- oder Perspektivwechsel, eine Urlaubsreise oder ein befriedigendes Hobby; das ist letztlich individuell zu entscheiden. Feste Rituale und Verabredungen in einer Gruppe können helfen.
Oft sind es einige wenige tiefe Atemzüge, die im Inneren einen Raum zwischen Reiz und Reaktion schaffen, so dass das Großhirn Zeit hat, statt automatisch zu reagieren, auf Wahlmöglichkeiten zuzugreifen.
Hilfreich ist auch das Modell der Ampel, bei dem man identifiziert, was der persönliche grüne Bereich ist, in dem man sich wohl und stressfrei fühlt, während man für den orangenen Bereich Situationen und Personen beschreibt, die unsere erhöhte Aufmerksamkeit erfordern, um nicht überzureagieren und letztlich einen roten Bereich, der auf jeden Fall ein Innehalten erfordert, da ein „weiter so“ wirklich gefährliche Konsequenzen nach sich ziehen würde.
In der modernen Terminologie beschreibt man das mit dem Wort >Achtsamkeit<, d.h. man ist mit seiner Aufmerksamkeit einzig bei dem, was gerad ist, ohne dabei an die anstehenden Themen zu denken. Man ist sich also seiner selbst Selbst gewahr, ist mit der eigenen Aufmerksamkeit bei dem, was man gerade denkt, fühlt, tut. Auf diese Weise lernt der Geist aus dem „Funktions-Modus“ in den „Seins-Modus“ umzuschalten.
So wird die innere Bremse trainiert. Der Parasympathikus, der auf Reparatur und Regeneration ausgerichtet ist, wird aktiviert. Er ist im vegetativen Nervensystem der Gegenspieler zum Stress moderierenden Sympathikusnerven.

Fotos: pixabay

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert